Wirtschaftsinformatik (Bachelor-Studiengang): Rechnungswesen (2. Semester)

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MS / CM, Kurs vom 01.10.2002 - 31.03.2003

Externes Rechnungswesen: Die Finanzbuchführung: Grundsätzliches zum externen Rechnungswesen, Rechtsgrundlagen des externen Rechnungswesens, Das Handelsrecht als Grundlage des externen Rechnungswesens (Struktur des Handelsgesetzbuches (HGB), Zum Geltungsbereich des HGB, Exkurs zum Handelsregister), Zur Buchführungspflicht (Zur handelsrechtlichen Buchführungspflicht (Kaufmannseigenschaft gemäß §§ 1-7 HGB), HGB § 1 [Istkaufmann], HGB § 2 [Kannkaufmann], HGB § 3 [Land- und Forstwirtschaft; Kannkaufmann], HGB § 5 [Kaufmann kraft Eintragung], HGB § 6 [Handelsgesellschaften; Formkaufmann], HGB § 7 [Kaufmannseigenschaft und öffentliches Recht], Zur steuerrechtlichen Buchführungspflicht [derivative und originäre Buchführungspflicht gemäß §§ 140,141 AO]).

  1. Grundsätzliches zum externen Rechnungswesen
  2. Rechtsgrundlagen des externen Rechnungswesens
  3. Das Handelsrecht als Grundlage des externen Rechnungswesens
  4. Zur Buchführungspflicht

Grundsätzliches zum externen Rechnungswesen

Zweck des externen Rechnungswesens ist vordergründig eine systematische Informationserstellung über die Vermögens- und Ertragslage der Unternehmung nach außen hin auf der Grundlage externer Rechtsregelungen.

Diese Informationserstellung erfolgt im Rahmen der Geschäftsbuchführung

Da die externe Kommunikation von Unternehmen vordergründig auf die Instrumente des Jahresabschlusses fokussiert, hier das Unternehmen also über seine Tätigkeit Rechnung im Sinne von Rechenschaft ablegen muss, wird synonym für das externe Rechnungswesen häufig der Begriff Rechnungslegung verwendet.

Der Begriff Rechnungslegung bezeichnet im weitesten Sinne die Pflichten für Personen, die über eine mit Einnahmen und Ausgaben verbunden Verwaltung Rechenschaft abzulegen haben (Buchführungspflicht). Sie erfolgt durch die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben unter Beifügung von Belegen.

Enger gefasst definiert sich Rechnungslegung als Rechenschaftslegung über Vermögen und Erfolg der Unternehmung, die nach Abschluss der Konten der Buchhaltung am Ende des Geschäftsjahres, mittels der mindestens aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) bestehenden Jahresabschluss zu erfolgen hat.

Als Bilanz kann dabei die in einer speziellen, übersichtlichen Form präsentierte Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital verstanden werden, während die GuV sämtliche Aufwendungen und Erträge erfasst und den Erfolg des Geschäftsjahres ermittelt.

Darüber hinaus sind in international unterschiedlichem Umfang weitere Bestandteile eines Jahresabschlusses zu finden, wie etwa Kapitalflussrechnung, Fußnoten, Sammel- und Zusatzbilanzen, weitere Geschäfts- und Lageberichte sowie sonstige Berichte und Anhänge aller Art.

Rechnungslegung ist also eine Kommunikationsform, ein Kommunikationsprozess zwischen Unternehmen und externen Adressdaten. Sollen keine kommunikativen Missverständnisse oder Fehlinterpretationen auftreten und der Kommunikationsprozess effektiv ablaufen, müssen Jahresabschlussaufsteller (Sender) wie Jahresabschlussleser (Empfänger) ein gemeinsames konventionelles Verständnis über die Voraussetzungen und Grundlagen der Jahresabschlussaufstellung besitzen. Damit die Rechnungslegung ihre Informationsfunktion erfüllen kann, müssen daher klare Definitionen, Abgrenzungskriterien und Zuordnungsregeln für die verschiedenen Elemente und Subelemente eines Jahresabschlusses geschaffen werden. Grundsätze, Vorschriften und Regelungen dieser Art werden im allgemeinen von den jeweils zuständigen nationalen gesetzgebenden oder berufsständischen Instanzen systematisch erfasst und in sogenannten Rechnungslegungssystemen festgehalten. Diese Systeme bezeichnen die qualitativen und quantitativen Anforderungen denen Unternehmen bei der Aufstellung ihrer Jahresabschlüsse unterliegen.

Rechnungslegung ergibt sich zum einen aus dem Selbstzweck, der dem Unternehmen ein eigenes Interesse an Selbstinformation über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens als eine notwendige Voraussetzung unternehmerischer Tätigkeit unterstellt. Mit den externen Regelungen vordergründig verbunden ist aber durch die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Schutz von Personengruppen, die an der Unternehmung ein berechtigtes Interesse haben. Dieser Adressatenkreis wir durch die sogenannte Koalitionstheorie beschrieben, welche Zwecke des Jahresabschlusses aus den primär finanziellen Zielvorstellungen der Koalitionspartner ableitet.

Als Adressaten dieser Art lassen sich alle mit dem Unternehmen in Beziehung stehenden Personen und/oder Interessengruppen klassifizieren. Dabei kann es sich um externe und interne sowie Mitglieder und potentielle Teilnehmer handeln. In diesem Sinne mögliche Bezugsgruppen zeigt nachfolgende Abbildung:

Anteilseigner (derzeitige und potentielle):

Gläubiger (derzeitige und potentielle):

Sonstige Gruppen:

Funktionen der Rechnungslegung

Dokumentationsfunktion:

Der Zweck der Dokumentation wird durch die Bündelung von Buchführungszahlen zur Sicherung von Urkundentatbeständen gegen nachträgliche Inhaltsänderungen im Interesse der Rechtspflege erfüllt. Die Aufzeichnungen über die Geschäftsvorfälle dienen als Beweisinstrument in Konfliktfällen mit Dritten und bei möglichen Konkursen.

Informationsfunktion:

Neben der Selbstinformation über den Vermögensstand etwa als Mittel der Insolvenzprophylaxe wird der Pflicht zur Rechenschaft genügt, die man insbesondere denen schuldet, die aufgrund einer erbrachten Leistung mit dem Unternehmen verbunden sind.

Die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage soll für diesen Kreis Schuldendeckungsmöglichkeiten sichtbar machen, die Höhe des Haftungskapitals ausweisen sowie für Eigentümer (Anteilseigner) und Gruppen der "sonstigen Öffentlichkeit" Entscheidungen über die Wahrnehmung ihrer Dispositionsrechte z.B. in Bezug auf die künftige Beteiligungshöhe ermöglichen.

Zahlungsbemessungsfunktion:

Da die finanziellen Interessen der Koalitionspartner vordringlich auf Erwirtschaftung eines Einkommensstroms aus der Unternehmung bzw. Sicherstellung des im Unternehmen gebundenen Vermögens zielen, dient der Jahresabschluss als Anknüpfungspunkt für Zahlungsströme zwischen Unternehmen und Beteiligten. Im Rahmen dieser Zahlungsbemessungsfunktion wird unterschieden zwischen der vorsichtigen Ermittlung des ausschüttbaren Erfolges, der den Anteilseignern zusteht (Ausschüttungsbemessungsfunktion) sowie der Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen. Der Hinweis auf den vorsichtig ermittelten Erfolg, an dden auch die Besteuerungsgrundlage über den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz geknüpft sind, impliziert gleichzeitig eine Kapitalerhaltungsfunktion und stellt demnach auf den Gläubigerschutz ab. Die anzuwendende Konzeption der Kapitalerhaltung findet ihren Ausdruck in Regelungen zur Höchstausschüttung für den Erhalt des im Unternehmen gebundenen Vermögens.

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Rechtsgrundlagen des externen Rechnungswesens

Pflichten sowie inhaltliche, methodische und instrumentelle Maßgaben zum Rechnungswesen werden vordergründig vom Handelsrecht im Handelsgesetzbuch (HGB) vorgegeben. Der Begriff "Handel" ist hier historisch determiniert. Er ist nicht im engen Sinne eines Wirtschaftszweiges zu verstehen sondern im Sinne jeglichen unternehmerischen Handelns. Basis des Handelsrechtes ist ein im geschichtlichen Ablauf entstandener gesellschaftlicher Konsens über ein gegenseitig als notwendig anerkanntes Informationsmaß im Rahmen der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Unternehmen und zur Unternehmensumwelt. Es geht hier also prinzipiell um die informative Ausgestaltung von Gläubiger-Schuldner-Verhältnissen im weiteren Sinne. Das Handelsrecht folgt somit dem Prinzip des Gläubigerschutzes.

Ein weiterer wesentlicher Informationsinteressent ist der Staat. Dieser zeichnet verantwortlich für eine Vielzahl von öffentlichen Versorgungsleistungen. Da der Staat keine wirtschaftliche Einheit ist, die sich aus dem Verkauf ihrer Leistungen finanziert, erhebt er zur Leistungsfinanzierung Aufgaben und hierbei in erster Linie die Steuer.

Bemessungsgrundlage für die Steuer sind im wesentliche Tatbestände des wirtschaftlichen Lebens, über die der Staat zur Steuerermittlung Informationen benötigt. Grundlage hierfür ist das Steuerrecht. Die Pflicht zu einem externen Rechnungswesen wird hier primär in der Abgabenordnung (AO) begründet. Das Steuerrecht schafft keine grundsätzlichen neuen Regelwerke zur Rechnungslegung. Es erkennt die Maßgeblichkeit des Handelsrechts an (sogenannte derivative, d.h. abgeleitete Buchführungspflicht gemäß § 5 (1), Satz 1 EStG). Da das Steuerrecht aber nicht dem Prinzip des Gläubigerschutzes dient sondern hier einheitliche Informationsmaßstäbe für den Ausweis der Steuerbemessungsgrundlagen benötigt werden (Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung), schafft das Steuerrecht zusätzlich ergänzende bzw. abweichende Regelungen zur Rechnungslegung (sogenannte originäre, d.h. eigenständige Buchführungspflicht gemäß § 141 (1) AO sowie eigenständige Regelungen zur Steuerbilanz z.B. gemäß §§ 6 und 7 EStG).

Handels- und Steuerrecht als wesentliche Rechtsgrundlagen des externen Rechnungswesen sind in ein einheitliches nationales Rechtssystem eingebunden. Sie stehen somit in Verpflechtung mit anderen Rechtszweigen (siehe nachfolgende Übersicht).

Übersicht Rechtssystematik

Bildbeschreibung "Übersicht Rechtssystematik": Unterteilbar in Privatrecht und öffentliches Recht. Privatrecht (Bürgerliches Recht) enthält Handelsrecht (Handelsgewohnheitsrecht; Handelsrechtliche Neben- und Sondergesetze im Gesellschaftsrecht, Wertpapierrecht und Wettbewerbsrecht; Handelsgesetzbuch, kurz HGB). Öffentliches Recht (Staats- und Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht) enthält Steuerrecht (über- und nebengeordnete Steuergesetze; Einzelsteuergesetze; Abgabenordnung, kurz AO).

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Regelung der sogenannten "Buchführungspflicht", d.h., der Pflicht zur Rechnungslegung nach Maßgabe der Gesetze.

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Das Handelsrecht als Grundlage des externen Rechnungswesens

Struktur des Handelsgesetzbuches (HGB)

1. Buch (§§ 1-104): Handelsstand:

  1. Abschnitt: Kaufleute (§§ 1-7)
  2. Abschnitt: Handelsregister (§§ 8-16)
  3. Abschnitt: Handelsfirma (§§ 17-37a)
  4. Abschnitt: (aufgehoben)
  5. -8. Abschnitt: Kaufmännische Hilfsperson (§§ 48-104)

2. Buch (§§ 105-237): Handelsgesellschaften, Stille Gesellschaft:

  1. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft (§§ 105-160)
  2. Abschnitt: Kommanditgesellschaft (§§ 161-177a)
  3. Abschnitt: Stille Gesellschaft (§§ 230-237)

3. Buch (§§ 238-342a): Handelsbücher:

  1. Abschnitt: Vorschriften für alle Kaufleute (§§ 238-263)
    1. Unterabschnitt: Buchführung, Inventar (§§ 238-241)
    2. Unterabschnitt: Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss (Allgemein, Ansatzvorschrift, Bewertungsvorschriften) (§§ 242-256)
    3. Unterabschnitt: Aufbewahrung und Vorlage (§§ 257-261)
    4. Unterabschnitt: Landesrecht (§§ 262-263)
  2. Abschnitt: Ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften ($$ 264-335)
    1. Unterabschnitt: Jahresabschluss (Allgemein, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Bewertungsvorschriften, Anhang, Lagebericht) (§§ 264-289)
    2. Unterabschnitt: Konzernabschluss (§§ 290-315)
    3. -6. Unterabschnitt: Prüfungs-, Offenlegungs-, Form- und andere Vorschriften (§§ 316-335)
  3. -4. Abschnitt: Ergänzende Vorschriften für bestimmte Unternehmen (§§ 336-341o)
  4. Abschnitt: Privates Rechnungslegungsgremium (§§ 342-342a)

4. Buch (§§ 343-475h): Handelsgeschäfte:

  1. Abschnitt: Allgemeine Vorschriften (§§ 343-372)
  2. Abschnitt: Handelskauf (§§ 373-382)
  3. Abschnitt: Kommissionsgeschäft (§§ 383-406)
  4. Abschnitt: Frachtgeschäft (§§ 407-452d)
  5. Abschnitt: Speditionsgeschäft (§§ 453-466)
  6. Abschnitt: Lagergeschäft (§§ 467-475h)

5. Buch (§§ 476-905): Seehandel:

  1. Abschnitt: Allgemeine Vorschriften (§§ 476-483)
  2. Abschnitt: Reeder und Reederei (§§ 484-510)
  3. Abschnitt: Kapitän (§§ 511-555)
  4. Abschnitt: Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern (§§ 556-663)
  5. Abschnitt: Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck (§§ 664-678)
  6. Abschnitt: §§ 679-699
  7. Abschnitt: Haverei (§§ 700-739)
  8. Abschnitt: Bergung (§§ 740-753)
  9. Abschnitt: Schiffsgläubiger (§§ 754-777)
  10. Abschnitt: (aufgehoben)
  11. Abschnitt: Verjährung (§§ 901-904)

Zum Geltungsbereich des HGB

sachlicher Geltungsbereich: das sogenannte "Handelsgewerbe":

In Übereinstimmung mit dem steuerrechtlichen Gewerbebegriff wird ein Handelsgewerbe durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

persönlicher Geltungsbereich: der/die sogen. "Kaufmann (-frau, -leute)":

Die Begriffsbindung ist historisch geprägt und ist heute im weiteren Sinne des Unternehmens zu interpretieren. Kaufleute können am Wirtschaftsleben in folgenden grundsätzlichen Rechtsformen teilnehmen:

  1. als Einzelkaufmann/-frau
    (Kennzeichnung: eingetragener Kaufmann/-frau - e.K. oder e.Kfm. oder e.Kfr.)
  2. als Handelsgesellschaft
    • in der Form der Personengesellschaft
      Hier ist die Gesellschaft selbst als Gebilde nicht rechtsfähig. Rechtssubjekte bleiben die natürlichen Personen der Gesellschafter (z.B. volle persönliche Haftung, Zurechnung gesellschaftlicher Gewinnanteile zwecks Besteuerung bei der natürlichen Person).
      Möglichkeiten: Offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG), Stille Gesellschaft (StillG).
    • in der Form der Kapitalgesellschaften / wirtschaftlichen Vereine
      Hier ist das Gebilde Gesellschaft selbst als sogenannte "juristische Person" Rechtssubjekt. Die natürlichen Personen der Gesellschafter treten juristisch dahinter zurück (z.B. Beschränkung der Haftung auf Gesellschafteranteile, Gewinnbesteuerung auf Gesellschaftsebene).
      Möglichkeiten: Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaft (AG), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VvaG), eingetragene Genossenschaft (eG).

Die Kaufmannseigenschaft bringt unter anderem folgende wesentliche handelsrechtliche Pflichten mit sich (gemäß dem Prinzip des Gläubigerschutzes):

Exkurs zum Handelsregister

Wesen:

  1. Definition: Das Handelsregister ist das vom Amtsgericht geführte öffentliche Verzeichnis aller Kaufleute eines Amtsgerichtbezirks (§§ 8-16 HGB).
  2. Eintragungen erfolgen grundsätzlich nur auf Antrag, der vom Unternehmer oder den zur Vertretung berechtigten Personen (Inhaber, die Gesellschafter, Vorstand usw.) eingereicht wird und öffentlich beglaubigt sein muss.
    Maßgebliche Stelle ist (auch bei Eintragung von Zweigniederlassungen) das Amtsgericht der Hauptniederlassung (dieses veranlasst die Eintragung beim Amtsgericht der Zweigniederlassung).
  3. Aufbau:
    Abteilung A: Einzelunternehmen, Personengesellschaften
    Abteilung B: Kapitalgesellschaften

Für Genossenschaften wird ein eigenes Register geführt.

Bedeutung:

  1. Unterrichtung der Öffentlichkeit über Rechtsverhältnisse und wirtschaftliche Tatbestände der eingetragenen Unternehmungen:
    • jeder kann in das Handelsregister einsehen und Abschriften verlangen (§ 9),
    • Eintragungen werden veröffentlicht im Bundesanzeiger sowie in einer Tageszeitung am Platz des Handelsregisters (sog. Pflichtblatt).
  2. Sicherung des Firmenmonopols
  3. Publizitätswirkung des Handelsregisters:
    • Ist eine eintragspflichtige Tatsache nicht eingetragen (oder noch nicht bekanntgemacht), so darf ein gutgläubiger Dritter auf die bisherige Rechtslage vertrauen (Beispiele: Erlöschen der Prokura. Ausschluss der Vertretungsmacht von Gesellschaftern), § 15(1) HGB.
    • Eingetragene und bekannt gemachte Tatsachen muss ein Dritter (ab 15 Tagen nach Bekannmachung) gegen sich gelten lassen, § 15(1) HGB.
    • Wer eine Eintragung im Handelsregister veranlasst, muss sich bei falscher Eintragung und Bekanntmachung (oder richtiger Eintragung und falscher Bekanntmachung) so behandeln lassen, als sei die Eintragung richtig (sofern der Dritte gutgläubig ist), § 15(3) HGB.
  4. Rechtswirkung der Eintragungen: diese können sein
    • konstitutiv = rechtsbegründend: Durch die Eintragung wird eine Tatsache erst rechtswirksam (z.B. Rechtsfähigkeit von Kapitalgesellschaften, Kaufmannseigenschaft bei Kannkaufleuten).
    • deklaratorisch = rechtsbekundend: Durch die Eintragung wird eine bereits rechtswirksame Tatsache bekannt gemacht und der Publizitätswirkung des Handelsregisters unterstellt (z.B. Gründung einer OHG, Kaufmannseigenschaft bei Ist-Kaufleuten).

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Zur Buchführungspflicht

Zur handelsrechtlichen Buchführungspflicht (Kaufmannseigenschaft gemäß §§ 1-7 HGB)

Die handelsrechtliche Buchführungspflicht, das heißt ein Unterwerfen unter alle Rechte und Pflichten des Handelsgesetzbuches, gilt für alle Unternehmer/Unternehmen, die die sog. Kaufmannseigenschaft haben.

Das HGB definiert hier:

HGB § 1 [Istkaufmann]

"(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuches ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.
(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert."

Die Kaufmannseigenschaft ist grundsätzlich an zwei Kriterien gebunden:

Abs. 1:

Betrieb eines Handelsgewerbes (vgl.  sachlicher Geltungsbereich).

Abs. 2:

Notwendigkeit eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes.

"In kaufmännischer Weise eingerichtet" heißt Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten des Handelsrechtes für Kaufleute (z.B. Aufbau eines externen Rechnungswesens mit Buchführung und Jahresabschluss nach dem HGB).

Ob ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist, lässt sich nur individuell in jedem Einzelfall bestimmen. Entscheidend ist das sich aus einer umfassenden Würdigung aller betriebsbezogenen Merkmale im maßgeblichen Zeitpunkt ergebende Gesamtbild. Da § 2 HGB nicht auf das tatsächliche Vorhandensein eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebes abstellt, kommt es an dieser Stelle nur auf seine Notwendigkeit an. Gleichwohl können umgekehrt aus dem tatsächlichen Vorhandensein Rückschlüsse auf die Notwendigkeit gezogen werden. Zu den maßgeblichen Faktoren zählen insbesondere: Zahl und Funktion der Beschäftigten, Ertrag und Umsatz, Anlage- und Betriebskapital, Leistungsangebot, Geschäftsbeziehungen, Kreditverpflichtungen, Größe des Betriebes, Lagerhaltung, Kalkulation, Werbung, Dokumentation geschäftlicher Vorgänge, Erstellung von Inventuren und Bilanzen, Teilnahme am Wechselverkehr, Übernahme von Gewährleistungspflichten.

Beispielentscheidungen von Oberlandesgerichten:

Bejaht wurde die Kaufmannseigenschaft z.B. für Verneint wurde die Kaufmannseigenschaft bei

Wird eines der beiden Kriterien gem. Abs. 1 und 2 nicht erfüllt, liegt keine Istkaufmannseigenschaft vor und die Tätigkeit fällt nicht in den Geltungsbereich des HGB.

Das Kriterium 1 (Betrieb eines Handelsgewerbes) wird in Übereinstimmung mit steuerrechtlichen Regelungen nicht erfüllt von

Zu den Freiberuflern Auszug aus dem Einkommenssteuergesetz (EStG):

"§ 18 Selbständige Arbeit.
(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind
  1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnliche Berufe. Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;
  2. Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind;
  3. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z.B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied."

Zum Kriterium 2 (kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb):

Liegt bei einem Handelsgewerbetreibenden die Notwendigkeit eines solchen Geschäftsbetriebes nicht vor, so handelt es sich um einen sogenannten Kleingewerbetreibenden. Deren Tätigkeit unterliegt den Vorschriften des bürgerlichen Rechts und nicht des Handelsrechts. Liegt hier ein Gesellschaftszusammenschluss vor, so entsteht die Rechtsform der "Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR)", auch BGB-Gesellschaft genannt.

Werden beide Kriterien erfüllt, so besteht für den Istkaufmann die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister. Diese hat deklaratorische (rechtserklärende) Wirkung, d.h., die Eintragung folgt aus der gegebenen Kaufmannseigenschaft und nicht umgekehrt.

HGB § 2 [Kannkaufmann]

"Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung kaufmännischen Firmen geltenden Vorschriften herbeizuführen. Ist die Eintragung erfolgt, so findet eine Löschung der Firma auch auf Antrag des Unternehmens statt, sofern nicht die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 eingetreten ist."

Liegt der Betrieb eines Handelsgewerbes vor, die Notwendigkeit eines kaufmännisch eingerichteten geschäftsbetriebes besteht jedoch nicht (also Kleingewerbetreibende), so hat ein solcher Nichtkaufmann keine Pflicht zum Handelsregistereintrag, jedoch ein Recht dazu.

Nimmt es dieses Recht wahr, so wirkt der Registereintrag rechtsbegründend (konstitutiv), d.h. er erlangt die Kaufmannseigenschaft als sog. Kannkaufmann.

Damit unterliegt er nicht mehr ausschließlich den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts sondern er unterwirft sich den Rechten und Pflichten des Handelsrechts. Für BGB-Gesellschaften heißt das, dass sie mit Registereintrag die Rechtsform der OHG erhalten (BGB-Gesellschaften, bei denen vor Registereintrag der kaufmännisch eingerichtete Geschäftsbetrieb notwendig geworden ist, erlangen automatisch die Istkaufmannseigenschaft und werden somit zur OHG. Der Registereintrag wirkt dann nur deklaratorisch.)

Der Kannkaufmann kann in den Status des Nichtkaufmanns zurücktreten, sofern nicht inzwischen die Notwendigkeit eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebes eingetreten ist (Istkaufmann).

HGB § 3 [Land- und Forstwirtschaft; Kannkaufmann]

"(1) Auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft finden die Vorschriften des § 1 keine Anwendung.

(2) Für ein land- oder forstwirtschaftliches Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, gilt § 2 mit der Maßgabe, dass nach Eintragung in das Handelsregister eine Löschung de Firma nur nach den allgemeinen Vorschriften stattfindet, welche für die Löschung kaufmännischer Firmen gelten.

(3) Ist mit dem Betrieb de Land- oder Forstwirtschaft ein Unternehmen verbunden, das nur ein Nebengewerbe des land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens darstellt, so finden auf das im Nebengewerbe betriebene Unternehmen die Vorschriften der Absätze 1 und 2 entsprechende Anwendung."

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich verbundener Nebengewerbe sind vom Geltungsbereich des HGB ausgeschlossen.

Erfordern Art und Umfang des Unternehmens jedoch einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, so kann es sich trotz des fehlenden Handelsgewerbes als kaufmännische Firma in das Handelsregister eintragen lassen und nimmt die Eigenschaft des Kannkaufmanns mit allen handelsrechtlichen Rechten und Pflichten an. Die Kaufmannseigenschaft wird kraft der Eintragung in das Handelsregister erworben (konstitutive Rechtswirkung).

HGB § 5 [Kaufmann kraft Eintragung]

"Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei."

Wird trotz fehlendem Handelsgewerbe ein Handelsregistereintrag herbeigeführt, so wird nach außen der Rechtsschein eines Kaufmanns erweckt. Dieser sog. "Scheinkaufmann" besitzt aber keine tatsächliche Kaufmannseigenschaft. Das HGB fixiert hier den sog. "öffentlichen Glauben" als einen juristischen Tatbestand. Somit gelten bestimmte Rechte und Pflichten des HGB sowohl gegen als auch für diesen Scheinkaufmann. Das betrifft Fragen der Haftung, nicht aber Vorschriften über die Rechnungslegung. Die fehlende Kaufmannseigenschaft bewirkt für den Scheinkaufmann auch keine Buchführungspflicht.

(Beachte: Kleingewebetreibende, die sich in das Handelsregister eintragen lassen. sind keine Scheinkaufleute sondern Kannkaufleute, da sie tatsächlich ein Handelsgewerbe betreiben, jedoch keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigen.)

HGB § 6 [Handelsgesellschaften; Formkaufmann]

"(1) Die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung.

(2) Die Rechte und Pflichten eines Vereins, dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt, bleiben unberührt, auch wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 nicht vorliegen."

Handelsgesellschaften (Personen- und Kapitalgesellschaften) haben grundsätzlich die Kaufmannseigenschaft.

Durch Annahme einer im Handelsgesetzbuch definierten Rechtsform für Gesellschaften werden diese zu Handelsgesellschaften und unterliegt somit gem. § 6 HGB als Formkaufleute allen Rechten und Pflichten des Handelsgesetzbuches.

HGB § 7 [Kaufmannseigenschaft und öffentliches Recht]

(Enthält einen ergänzenden Verweis auf die getrennte Wirkung von Handelsrecht und öffentlichem Recht (z.B. Gewerberecht).)

Zur steuerrechtlichen Buchführungspflicht [derivative und originäre Buchführungspflicht gemäß §§ 140,141 AO]

Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht nach steuerrechtlichen Regelungen:

nach § 140 AO, derivative (abgeleitete Buchführungspflicht):

Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, hat die Verpflichtungen, die ihm nach anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen.

betrifft: Kaufleute

nach § 141 AO, originäre (eigenständige Buchführungspflicht):

Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte sind auch dann buchführungspflichtig (im Sinne des HGB und anderer Gesetze), wenn eine der folgenden Grenzen überschritten ist:

betrifft:

handelsrechtliche Nichtkaufleute aus den Bereichen Kleingewerbe und Land- und Forstwirtschaft.
(selbständig Tätige gem. § 18 EStG werden von der steuerrechtlichen Buchführungspflicht nicht erfasst!)

Für Nichtkaufleute unterhalb der Grenzen gem. § 141 AO besteht keine definierte Pflicht zur Führung von Büchern.

Hier greift allerdings zum Gewinnnachweis der § 90 AO - Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Es müssen hier Aufzeichnungen über sog. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben geführt werden (Differenz = Gewinn oder Verlust). Wird dieses unterlassen oder nur unzureichend getan, greift § 162 AO, wonach die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlage schätzen kann.